Aufbruch und Neubeginn (1948 – 1958)

 Auf Druck der damaligen westlichen Alliierten wurde die bisherige Bundessteuerverwaltung auf die Länder übertragen. Damit sollte ein Bruch mit den alten Traditionen herbeigeführt werden (60 Jahre DSTG, 2009). Noch unter der Herrschaft der britischen Besatzungsmacht hatte Robert Born mit anderen Kollegen begonnen, den Bund Deutscher Steuerbeamten in Hamburg (BDSt Hamburg) und der britischen Besatzungszone zu begründen. Am 1. Februar 1948 erfolgte die Gründung des Bund Deutscher Steuerbeamten Landesverband Hamburg.

Am 2. Juni 1949 schlossen sich die bisher nur auf Landesebene tätigen Landes- und Bezirksverbände Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen, Düsseldorf, Köln und Hamburg auf Bundesebene zusammen und gründeten somit den Bund Deutscher Steuerbeamten auf Bundesebene (BDSt), dem Vorgänger des heutigen DSTG Bundesverbandes.

Robert Born besaß  den Mut in dieser Zeit einen Neuanfang zu wagen, sich zu engagieren, Rückschläge hinzunehmen und schließlich doch das voranzutreiben, was er für notwendig und machbar hielt: Allen Kollegen den Stellenwert zu verschaffen, der in der neuen Demokratie seinerzeit erreichbar war.

Grundlage für den Beginn der gewerkschaftlichen Arbeit und des Bundes in Hamburg bildete eine Satzung aus der Zeit vor der Auflösung des Bundes Deutscher Reichssteuerbeamten, Bezirksverband Unterelbe.

Die DSTG Hamburg wird ihrem damaligen Gründungs- und Ehrenvorsitzenden ein ehrenvolles Andenken bewahren. 

In diesen Anfangsjahren war vieles unsicher und auch die Ausrichtung des Landesverbandes war noch nicht eindeutig klar. Es stand die  Diskussion im Raum, ob man sich als Gewerkschaft dem DGB anschließen möchte. Während wohl in anderen Bundesländern Beschlüsse gefasst wurden, die eine DGB Mitgliedschaft ablehnten, hat Hamburg so einen Beschluss nicht gefasst. Der damalige Vorsitzende Robert Born schrieb am 17. August 1949 an den Verband der Finanzbeamten Münster/Westfalen, dass ein Beschluss nicht mehr notwendig sei, da ja die laufenden Verhandlungen abgebrochen wurden und daher ein Zusammenschluss mit dem DGB nicht mehr in Frage kommt. 

Die wesentlichen  Entscheidungen wurden dann 1950 getroffen: selbständige Regionalverbände, getrennte Interessenvertretungen der Beamten, Angestellten und Arbeiter (dies gegen den anfänglichen Widerstand der Besatzungsbehörden, die eine Einheitsgewerkschaft favorisierten), korporative Mitgliedschaft im Deutschen Beamtenbund sowohl in Hamburg als auch im Bund. 

Die Mitgliedschaft setzte sich damals von der Mentalität her sehr unterschiedlich zusammen. Die materielle Not war immer noch erdrückend. Zwar gab es inzwischen genug zu essen, aber die Besoldung war knapp. Bekleidung war teuer. Für einen neuen Anzug brauchte man ein Monatsgehalt. Die Wohnungsnot war gewaltig. Viele Kollegen wohnten immer noch weit außerhalb Hamburgs, viele in Kellern, Baracken und Behelfsheimen, viele eng zusammen mit fremden Familien. Eng war auch die räumliche Unterbringung der Dienststellen. 

Viele Kollegen zeigten sich an gewerkschaftlicher Arbeit desinteressiert. Es gab auch welche, die gewerkschaftliche Arbeit als unwürdig für einen Beamten hielten. 

Manche glaubten noch, der Dienstherr wird es schon richten. Sie hatten, nach Ansicht des Kollegen Karl-Heinz Hartmann, noch nicht verstanden, dass man in einer pluralistischen Gesellschaft seine Interessen selbst vertreten muss, mit anderen zusammen. Der Artikel 9 (Vereinigungsfreiheit) des geschaffenen Grundgesetzes der neuen Republik war noch nicht in das Bewusstsein aller – und zwar nicht nur als Recht, sondern geradezu als Notwendigkeit – eingedrungen. Andere Kollegen waren übereifrig. Autoritäres Gehabe einiger war nicht zu übersehen. Versuche, Sonderinteressen unter der Flagge „Gemeinwohl“ durchzusetzen, kamen auch damals schon vor. Gerade im Bereich Besoldung gab es einige Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Bereichen der Steuerverwaltung. 

In den – noch nach dem Kontrollratsgesetz – gebildeten Betriebsräten gab es offiziell keine Fraktionen nach Gewerkschaftszugehörigkeit oder Beschäftigungsverhältnis. Jeder stimmte über alles mit ab. Es bedeutete einen kleinen Aufstand, als sich Kollege Karl-Heinz Hartmann nur noch um die Beamtenbelange kümmerte. Er war der damaligen Ansicht, dass sich jede Gruppe selbst vertreten sollte, einschließlich gemeinsamer Solidarität in gemeinsamen Anliegen. Die Spannungen zwischen den Gruppen der Beamten, Angestellten und Arbeiter waren seinerzeit groß. Von der heutigen eng verzahnten und gemeinsamen Zusammenarbeit in der Steuergewerkschaft waren alle weit entfernt. Kollege Hartmann wollte mit seiner stringenten Ansicht der damaligen Einmischung von Angestellten in reine Beamtensachen entgegentreten. Seiner Ansicht nach war das Berufsbeamtentum aus dem Bereich der Tarifgewerkschaften und den mit ihnen verbundenen politischen Kräften immer wieder Angriffen ausgesetzt. 

Die Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und dem BDSt, verdeutlicht in der Personalunion beider Vorsitzendenämter, war eng, oft nicht auseinander zu halten. Sicher in manchen Feldern gedeihlich, aber zunehmend harter Kritik aus den Reihen der Kollegenschaft ausgesetzt. 

Mit dem Jahr 1958 trat das neue Personalvertretungsgesetz in Kraft und es wurden die ersten Personalratswahlen, nach diesen neuen Regelungen durchgeführt. Mit diesem Gesetz wurden erstmalig Regelungen nur für den öffentlichen Dienst getroffen und die Personalratsarbeit von der Betriebsratstätigkeit getrennt. Der BDSt fasste in diesem Zusammenhang den Entschluss, die beiden Vorsitzendenämter wieder zu trennen. Kollege Carl Eckert wurde neuer Personalratsvorsitzender, während Kollege Karl-Heinz Hartmann zum neuen Vorsitzenden des Bezirksverbandes gewählt wurde. 

Ein wesentlicher Pfeiler der gewerkschaftlichen Arbeit im Hamburger Bund war die alljährlich stattfindende Mitgliederversammlung aller Mitglieder im Landesverband. Es handelte sich daher um ein direktes Vertretungsorgan ohne dazwischen gesetzte Delegierte. Aufgrund der damaligen Anzahl an Mitgliedern war dies auch noch machbar. Mit der ersten Satzung war bereits klar, dass der Landesverband Hamburg, genauso wie der Bund, in das Vereinsregister einzutragen ist. Dies dauerte jedoch noch ein paar Jahre, bis es endlich soweit gewesen ist. Erst am 15. September 1952 wurde der Landesverband Hamburg in das Vereinsregister eingetragen.